Es läuft!

Eine Partie gegen Christian Schatz zu spielen ist immer ein aufregendes und freudiges Spektakel. So trifft man diesen Schachfreund, manch einer würde ihn sogar als Schachprofi bezeichnen, meist ausgelassen und entspannt am Schachbrett an und kann sich sicher sein, auch noch nach Beendigung der Partie die eine oder andere Anekdote von Schachfreund Schatz erzählt zu bekommen. Schachlich hat Christian Schatz in letzter Zeit vor allem dadurch von sich Reden gemacht, dass er neben seiner regen Teilnahme an den Ramada-Qualifikationsturnieren auch jüngst den Titel des CM (Candidate Master) errungen hat, von denen es laut Wikipedia im Moment nur 19 in Deutschland gibt. Zum Vergleich: 71 GM (davon 11 WGM), 187 IM (davon 25 WIM) und 537 FM (davon 36 WFM).

Ich ging daher mit gemischten Gefühlen in unsere Partie, wollte meinen Gegner aber doch vor die eine oder andere Herausfoderung stellen und es entwickelte sich folgende Partie:

Schatz – Kurz

1. c4 Nf6 2. Nc3 g6 3. g3 Bg7 4. Bg2 O-O 5. d4 d6 6. Nf3 Na6

In meiner Vorbereitung bemerkte ich, dass CM Schatz ein sehr „einseitiges“ Repertoire anwendet: Meist strebt er eine englische oder katalanische Eröffnungsstellung an und entscheidet dann mehr oder weniger willkürlich (so kam es mir jedenfalls vor), ob er den Bauern nach d4 stellt oder eher den „english-style“ mit d3 und c4 spielt…Mein 6. Zug Sa6 sieht auf den ersten Blick natürlich wie ein Kinderzug aus, so lernte selbst ich bereits in jungen Jahren: „Springer am Rand, Kummer und Schand!“ Doch so einfach und dogmatisch ist es natürlich, wie immer, nicht: Erstens „wirft“ mein Zug meinen Gegner in gewisser Weise aus dem Buch (sollte er den eines über die Englische/Katalanische Eröffnung besitzen) und zweitens wird bald c5 folgen, so dass der schwarze Springer entweder auf c5 wiedernehmen kann oder mittels Sa6-c7 den Vorstoß b7-b5 unterstüzt.

7. O-O c5 8. b3 Bd7 9. Bb2 Rb8 10. a4 Nb4 11. Qd2 Bf5

Die Eröffnungsphase kann als abgeschlossen betrachtet werden und Schwarz kann mit dem Verlauf zufrieden sein. Weder bin ich eine gefährliche Theorievariante geraten, noch macht Weiß von seinem Anzugsrecht Gebrauch und bemüht sich um einen Funken Initiative. Stattdessen gefällt mir Schwarz hier schon einen Tick besser, da Weiß mit a2-a4 seinen Damenflügel strukturell entwertete und nun erstmal der plumpe Bauernraub mittels Lf5-c2 droht. Auch der Randspringer hat eine glänzende Karriere gemacht, wird im nächsten Zug aber nach c6 ziehen (ja ich weiß, dort hätte er von Anfang an hin gehört…), um dann mittels Sa5 den Bauern b3 zu belagern.

12. Rac1 Nc6 13. d5 Na5 14. Qd1 Bh6 15. e3 Qb6 16. Nd2 Bd3 17. Re1 Nxc4 18. Nxc4 Bxc4 19. bxc4 Qxb2

In den letzten Zügen fiel ich über den strukturell schwachen weißen Damenflügel her und konnte dabei fast forciert einen Bauern gewinnen. Ein zweiter (a4) wird bald folgen, so dass Weiß nun auf Königsangriff spielt, um das Blatt noch zu wenden. Spannung!

20. Qd3 Nd7 21. f4 Bg7 22. Ne4 Qb4 23. Rb1 Qxa4 24. Rb3 Qa5 25. Reb1 Qc7 26. h4 a6 27. h5 Rfc8 28. hxg6 hxg6 29. f5 Ne5 30. Qe2 gxf5 31. Ng5 Ng4 32. Rf1 Qd7 33. e4 Bd4+ 34. Kh1 Kg7 35. Bh3 Rh8 36. Kg2

Der weiße Angriff sah zwischenzeitlich bedrohlich aus, allerdings verfügen die schwarzen Leichtfiguren über exzellente Felder im Zentrum und selbst der König konnte die 8. Reihe für die Türme räumen. Sowohl Da4 als auch Se5 halten nun leicht den schwarzen Vorteil fest, mit dem von mir bevorzugten Sh6 lässt sich allerdings noch etwas länger spielen…

Nh6 37. exf5 Bf6 38. Ne4 Qa4 39. Re3 b5 40. cxb5 Qxb5 41. Qf3 Bd4 42. f6+ exf6 43. Nxf6 Bxe3 44. Qxe3 Qb2+ 45. Rf2 Qe5 46. Qxe5 dxe5 47. Nd7 Rbd8

Der Pulverrauch hat sich verzogen und obwohl beide Seiten in den letzten Zügen nie die besten Züge gespielt haben, hat sich an der Stellungsbeurteilung nichts wesentliches geändert. Der Rest ist, wie immer, Sache der Technik.

48. Rd2 c4 49. Rc2 f5 50. Nb6 Rd6 51. Nxc4 Rxd5 52. Ne3 Rd3 53. Nxf5+ Nxf5 54. Bxf5 Rd6 55. Kf3 Kf6 56. Be4 Rb8 57. Rc3 a5 58. Ra3 Rb5 59. Bh7 Rd4 60. Bd3 Rbb4 61. Bc2 Rb2 und Weiß überschritt die Zeit 0-1

Der Einstand in die Liga ist mit 2/2 geglückt und die 2200 in schon fast spürbarer Nähe!

christian.kurz

1 Kommentar bisher

Klaus Veröffentlicht am19:39 - 30. November 2010

Es ist immer wieder schön, an den tollen Kampf gegen das SZ erinnert zu werden. Tolle Kommentierung mit interessanten Recherchen einer starken Partie.